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Ein Dorf in Norddeutschland nach dem Krieg - mitten im Nirgendwo. In Hemmersmoor scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Der Dorfalltag wird bestimmt von Geschichten, Mythen, Gerüchten. Von Hexen ist die Rede, von Toten, deren Geister ihr Unwesen treiben und von Irrlichtern, die nachts über den Torfflächen flackern. Es ist eine Welt voll Brutalität, Inzest und Aberglaube.

In einem im wahrsten Sinne des Wortes gottverlassenen Dorf in Norddeutschland kommt es während einer Mutprobe einiger Kinder zu einer Katastrophe, die das Leben sämtlicher Beteiligter für immer verändern wird.

Stefan Kiesbye beschreibt in seinem neuen Roman die Kindheit und Jugend einiger Jungen und Mädchen in einem im wahrsten Sinne gottverlassenen Dorf. Das, was bei "Nebenan ein Mädchen" (BA 8/10) die permanente Sexualisierung ist, ist bei "Hemmersmoor" die ständig anwesende Gewalt und das Überschreiten jeglicher Grenzen. Es beginnt bei Inzest und endet mit Vergewaltigung und Mord. Gleichzeitig besteht unter den Erwachsenen eine Sprachlosigkeit, die genau diese Gewalt fördert und quasi akzeptabel macht. Besonders eindrücklich wird das in der Szene, in der Christian ein totgeschwiegenes "geheimes" Dorf - eindeutig ein KZ - nahe bei Hemmersmoor entdeckt, in dem die Männer des Dorfes gearbeitet haben. Der größte Reiz indes geht nicht von der Handlung aus, sondern von Stil und Sprache des Romans. Erneut gelingt es Kiesbye, den Leser sofort in den Bann zu ziehen. Klar und punktgenau führt er ihm die Abgründe der menschlichen Natur vor Augen und sorgt für eine unterschwellige Spannung, die einen nicht mehr loslässt. Wiederum kein einfaches, aber intensives und diskussionswürdiges Buch. Breit einsetzbar.